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VI.1. Kinder gebührenfrei und besser betreuen

Kinder brauchen für ihre Entwicklung vielfältige Anregungen, Spielmöglichkeiten und andere Kinder. Wichtige Ziele sind die freie Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit, das soziale Lernen und das spiele-rische Erlernen demokratischer Werte. Dies beinhaltet die Gleichberechtigung der Menschen unabhän-gig von Geschlecht, sozialem Status oder Religion. Gelungene Integration beginnt in der Kita. Sprach-erwerb und das Lernen des Miteinanders ist am leichtesten in der Kita möglich.

VI.1.1. Kitas als öffentliche Gemeinschaftseinrichtungen für ein besseres Zusammenleben

Kitas begleiten Kinder in ihrer sozialen, sprachlichen und motorischen Entwicklung. Sie sollen aber auch die Integration verschiedener Milieus und Kulturen sowie die Inklusion von Kindern mit Behinderungen unterstützen. Dazu brauchen wir flächendeckend Kitas als Gemeinschaftseinrichtungen, die nicht in privater Hand sind und sich nicht nur an ausgewählten sozialen Milieus oder Religionsgruppen orientieren. Bislang gibt es nicht nur zu wenige Kitaplätze. Oft haben Eltern nur die Chance auf einen Platz in einer kirchlichen Kita oder bei einem privaten Träger.

Auch die Inklusion stellt die Beschäftigten in Kitas hinsichtlich der Diagnose von und des Umgangs mit Förderbedarfen bei Kitakindern vor enorme Herausforderungen, für die sie personell schlecht gerüstet sind. Hierzu bedarf es fachlich weitergebildeter Erzieher:innen und Sonderpädagog:innen, multiprofessioneller Teams in Kitas und einer intensiven Frühförderung, für die in zu großen Gruppen mit wenig Personal häufig die Zeit fehlt. Die Inklusion muss mit entsprechenden Mitteln und (auch therapeutischem) Personal vor Ort unterfüttert werden, sonst kann sie nicht gelingen.

Daher wollen wir ein neues Kindertagesbetreuungsgesetz gemeinsam mit Eltern und Beschäftigtenvertretungen entwickeln, welches bestehende gewerkschaftliche Vorstellungen dazu aufgreift, kleinere Kitagruppen und multiprofessionelle Teams ermöglicht und eine bessere Fachkraft-Kind-Relation realisiert.

Was tun?

  • Kitas in öffentlicher und nicht in privatgewerblicher Hand ausbauen

 

  • Allen Kindern den Besuch in einer öffentlich-kommunalen Kita ermöglichen

VI.1.2. Kitas müssen gebührenfrei sein

Genau wie die Schulkinder müssen auch alle jüngeren Kinder Zugang zu gebührenfreien Bildungseinrichtungen erhalten. Das Ziel einer besseren und gerechten Kitapolitik ist ein gebührenfreies System, denn Bildung ist keine Ware und Vorschulzeit ist auch Bildungszeit.

Was sich dringend ändern muss: Alle Kommunen erheben je nach Kassenlage unterschiedliche und teilweise sehr hohe Gebühren. Während beispielsweise in Münster bei einem Elterneinkommen bis 37.000 Euro im Jahr gar keine Gebühren anfallen, müssen Eltern in Duisburg ab einem Jahreseinkommen von 37.500 Euro bereits 252 Euro an Gebühren zahlen (für Kinder unter 2 Jahren bei 45 Betreuungsstunden). In den Ruhrgebietsstädten sind die Kitagebühren bei den mittleren Einkommen am höchsten.

DIE LINKE tritt daher für die sofortige Abschaffung der Kitagebühren ein. Was in Rheinland-Pfalz und Berlin geht, darf den Familien in Nordrhein-Westfalen nicht vorenthalten werden. Das Land übernimmt die dafür notwendigen Kosten, entlastet die Kommunen durch einen Finanzausgleich und investiert in einen höheren Personalschlüssel, denn die Abschaffung der Kitagebühren darf nicht auf das pädagogische Personal abgewälzt werden.

Solange es noch Kitagebühren gibt, müssen diese landesweit einheitlich geregelt, sozial gestaffelt und erst ab einem Jahreseinkommen von 37.500 Euro beginnend sein.

Was tun?

  • Kitagebühren in ganz NRW abschaffen

 

  • Kosten für die Kommunen ausgleichen

 

  • Kitafinanzierung zur Verbesserung der Qualität aufstocken

VI.1.3. Kindertagespflege professionalisieren

Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz darf nicht den Blick dafür versperren, dass Kinder unter drei Jahren einer besonderen Fürsorge bedürfen. Ein Großteil der Unter-Dreijährigen lebt sich in der Kindertagesstätte schnell ein, weshalb Eltern diese überwiegend befürworten. Andere brauchen eher eine familiennahe Alternative. Mit der Aufnahme in die Kindertagespflege gehen diese Kinder einen ersten Schritt aus dem behüteten Umfeld der Kleinfamilie.

Das im Jahr 2020 reformierte Kinderbildungsgesetz enthält verbindliche Qualitätsstandards für die Qualifizierung der Tagespflegepersonen. Seit 2015 besteht für sie die Möglichkeit der Qualifizierung nach dem kompetenzorientierten Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege des Deutschen Jugendinstituts mit einem Umfang von insgesamt 380 Unterrichtsstunden. Zulässig ist aber weiterhin die kurze Qualifizierung von 160 Stunden.

Die (häufig selbstständige) Arbeit der Tagespflegepersonen ist durch fehlende Planungssicherheit hinsichtlich der Platzbelegung, geringe Einkommen und große pflegerische und pädagogische Herausforderungen geprägt. Bis zu fünf Unter-Dreijährige allein zu betreuen, ist ein Personalschlüssel, der sowohl der Tagespflegeperson als auch dem Kindeswohl nicht immer zuträglich ist.

Großtagespflegeeinrichtungen werden als kostengünstiger Kita-Ersatz vielerorts ausgebaut, müssen dazu aber kaum qualifikatorische und pädagogische Standards oder Außenflächen vorweisen. Sie sollen in Mini-Kitas mit Fachkräftegebot, pädagogischen Standards und sozialer Absicherung für die Beschäftigten umgewandelt werden.

Tagespflegepersonen sollen im Rahmen einer Ausbildungsoffensive berufsbegleitend Weiterbildungsangebote für die Qualifizierung als staatlich anerkannte Erzieher:innen erhalten.

Was tun?

  • Ausbildung der Tagespflegepersonen nach dem kompetenzorientierten Qualitätshandbuch in der Kindertagespflege des DJI mit insgesamt 380 Stunden verbindlich machen

 

  • Ausbildungs- und Fortbildungskosten von Tagespflegepersonen vollständig übernehmen

 

  • Berufsbegleitende Weiterbildungsangebote für die Qualifizierung als Erzieher:in schaffen

 

  • Großtagespflegen in Mini-Kitas umwandeln mit Fachkraft-Gebot, pädagogischen Standards, Außenflächen und sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen

 

  • Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsmodelle in der Tagespflege ausbauen

 

  • Vertretungsregeln in der Tagespflege verbindlich machen, Vertretungsplätze sichern

VI.1.4. Mehr Personal für verlässliche Zeiten und bessere Qualität

Es fehlen nicht nur Kitaplätze, sondern es herrscht auch großer Personalmangel in den bereits vorhandenen Einrichtungen. Die Kitas benötigen dringend zusätzliches pädagogisches Fachpersonal für kleinere Gruppen, um eine kindgerechte Betreuung zu gewährleisten und die Beschäftigten zu entlasten.

Auch angesichts des Rechtsanspruchs im offenen Ganztag in der Grundschule sind mehr Anstrengungen zur Gewinnung von Personal nötig. Die praxisintegrierte Ausbildung (PiA) muss ausgebaut werden und an den Berufskollegs müssen mehr Schulplätze für die Erzieher:innenausbildung geschaffen werden. Die Berufe des Erziehungswesens müssen aufgewertet werden.

Das Kita-Personal benötigt mehr Zeit für Vorbereitung, Dokumentation und Elterngespräche. Zudem mangelt es in den Kitas an Fachpersonal, etwa für Sprachförderung und Musikerziehung.

Es muss verlässliche Öffnungszeiten geben, auch in den Sommerferien. Für Sonderfälle und Notsituationen sollen Betreuungskonzepte über die Regelzeiten hinaus gefunden werden. Mehrwöchige Schließzeiten im Sommer sind eine unnötige Belastung der Familien.

Was tun?

  • Mehr Ausbildungskapazitäten an Berufskollegs und Fachschulen, PiA-Praktikumsstellen fördern und ausbauen sowie Ausbildungsplätze in städt. Kitas schaffen

 

  • Gruppengrößen verringern und mehr Fachpersonal für besondere Aufgaben bereitstellen

 

  • Mehr Arbeitszeit für Vorbereitung, Dokumentation und Weiterbildung einplanen

 

  • Statt Sommerschließzeiten flexible Urlaubszeiten einführen

 

  • Flächendeckend verlässliche Öffnungszeiten ab 6 und bis 18 Uhr sicherstellen.

VI.1.5. Ein neues Gesetz für bessere Finanzierung der Kitas

Viele der Qualitätsmängel der Kitas haben ihren Ursprung im Kinderbildungsgesetz KiBiZ. Seit nunmehr 15 Jahren wird an diesem Kostensenkungsgesetz zulasten der Kinder, der Beschäftigten und Eltern herumgedoktert. Von einer CDU/FDP-Regierung 2008 eingeführt, wurde eine grundlegende Reform von einer SPD/Grünen-Regierung unterlassen. Die derzeitige CDU/FDP-Regierung kündigte eine große Reform an und präsentierte ein aufgebauschtes Reförmchen, das zentrale Forderungen der Beschäftigten und Eltern liegen gelassen hat.

Die Fachkraft-Kind-Relation ist zu niedrig und mit den Kindpauschalen hält das KiBiZ an einem überholten Finanzierungssystem fest. Echte Mitbestimmung der Eltern fehlt weiterhin. Die Kinderrechte-Charta der UN muss vollständig umgesetzt werden.

Was tun?

  • Feste Gruppenfinanzierung statt Kindpauschalen einführen

 

  • Die tatsächlich anfallenden Kosten durch das Land übernehmen

 

  • Arbeitsverträge für Kitabeschäftigte entfristen

 

  • Erziehungsberufe tariflich entlohnen und deutlich besser bezahlen

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