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VI. Allen Menschen umfassende Bildung und Ausbildung garantieren

Gerade die Coronapandemie hat gezeigt, wie ungleich Bildungschancen verteilt sind: Während ein Teil der Schüler:innen mit Laptop, Drucker und Telefon im eigenen Zimmer saßen, mussten andere sich mit ihren Geschwistern am Küchentisch einen Internetanschluss der Eltern teilen und waren kaum in der Lage, den schulischen Angeboten zu folgen. Dass einige Bewegung im Garten hatten, während andere sich in engen Wohnungen wie eingesperrt fühlten, verschärfte die Lage enorm. Dieser Unterschied ist ganz offensichtlich vom Geldbeutel der Eltern abhängig

Aber nicht nur die soziale, sondern auch die ethnische Herkunft von Schüler:innen entscheidet über deren Bildungschancen. Gerecht ist das nicht! DIE LINKE will das Bildungs- und Schulsystem in Nordrhein-Westfalen sozial gerechter machen, damit niemand von vorneherein benachteiligt wird.

Der offene und gleichberechtigte Zugang zu Bildung ist ein im Grundgesetz verankertes Menschenrecht. Bildung bedeutet mehr als Wissenserwerb und Qualifizierung. Vor allem für die etwa drei Millionen Kinder und Jugendlichen meint Bildung auch die Förderung ihrer vielseitigen Fähigkeiten und Interessen. Bildungseinrichtungen haben die Aufgabe, die jungen Menschen sensibel und respektvoll auf ihrem Weg zu mündigen, selbstbestimmten und kritikfähigen Menschen zu unterstützen und zu begleiten.

Viele der mehr als 250.000 Erzieher:innen, Lehrkräfte und Sozialarbeiter:innen in den Kitas und Schulen NRWs gehen täglich an ihre Grenzen oder wie in Pandemiezeiten darüber hinaus, um den hohen Anforderungen gerecht zu werden. Die Arbeits- und Lernbedingungen sind in den Bildungseinrichtungen im Land allerdings höchst unzureichend. Die Pandemie hat aufgezeigt, wie viel Personal fehlt. Kreative Lösungen für Bildungsarrangements in kleinen Gruppen scheiterten am fehlenden Personal.

NRW hat im Vergleich zu den anderen Bundesländern die schlechteste Versorgung mit Kitaplätzen, die größten Schulklassen, die geringsten Haushaltsmittel pro Schüler:in und die wenigsten Hochschullehrer:innen pro Student:in. Bislang arbeiten immer mehr Beschäftigte zu niedrigen Löhnen und unsicheren Bedingungen als Honorarkräfte ohne Sozialversicherung oder in Minijobs. Das ist ungerecht und schlecht für die Qualität der Bildungseinrichtungen. Wir wollen und brauchen gut qualifizierte Beschäftigte in unbefristeten, sozialversicherten Arbeitsverhältnissen. Daher müssen umgehend mehr Lehramtsstudienplätze geschaffen werden und umfassende Qualifizierungen für Seiteneinsteigende her.

Die soziale Spaltung im Bildungswesen wird besonders deutlich im Wachstum privater Bildungseinrichtungen auf der einen und den häufig unterausgestatteten öffentlich geförderten Bildungsinstitutionen auf der anderen Seite. Mit der wachsenden Anzahl privater Kitas, Schulen und Hochschulen entsteht eine Parallelstruktur, die die ungleichen Bildungschancen aufgrund der sozialen Herkunft nochmals verstärkt. Sie werden zementiert durch Strategien der Ökonomisierung und Privatisierung der neoliberalen Bildungspolitik des FDP-geführten Schulministeriums. Wir wenden uns gegen die Versuche der Landesregierung, sich aus der Verantwortung für die anhaltend schlechte Ausstattung von Bildungseinrichtungen zu stehlen. Kitas, Schulen und Hochschulen sollen sich nicht wie Unternehmen verhalten müssen. Bildungseinrichtungen sind keine Wirtschaftsunternehmen und Schüler:innen wie mündige Bürger:innen kein „Humankapital“.

Bildung ist keine Ware sondern ein Menschenrecht!

Durch die Einführung von sogenannten Bildungsstandards, der Kompetenzorientierung und der Propagierung der sogenannten selbstständigen (Hoch-)Schule werden auch die öffentlichen Schulen und Hochschulen unter den Zwang von Wettbewerb und Ökonomisierung gestellt. Damit wird die Ungleichheit zwischen den „guten“ und „schlechten“ Einrichtungen verschärft. Dies ist Ausdruck des seit Jahren zu beobachtenden Übergreifens ökonomischer Interessen auf gesellschaftliche Bereiche, in denen eigentlich das Wohl von Menschen Priorität haben sollte. Derart ausgerichtet, bleibt Bildung in ihrer ethischen und emanzipatorischen Funktion auf der Strecke.

Pädagogik soll im Vordergrund stehen, nicht „Effektivitätskennziffern“, die in zentralen Vergleichstests erhoben werden und die Bildungseinrichtungen durch „Rankings“ in Konkurrenz zueinander setzen. Denn wir brauchen Menschen mit Zivilcourage und Empathie, der Fähigkeit zu Solidarität und mit Verantwortungsbewusstsein für das Allgemeinwohl.

Unser Konzept lautet daher: Umfassende Bildung und gleiche Bildungschancen für alle. Für ein längeres gemeinsames Lernen in einer „Schule für alle“ – von der 1. bis zur 10. Klasse. Bildungschancen sind im selektiven Schulsystem sehr ungleich verteilt. Corona hat es allen verdeutlicht. Besonders hohe Risiken, aussortiert zu werden, haben Kinder aus armen Familien und Kinder aus Familien mit Migrationsgeschichte.

Das heißt für uns: Selektion und Hürden für sozial Benachteiligte abbauen, die Personalausstattung den Bedürfnissen für sinnstiftendes Lernen und individuelle Förderung für alle anpassen, statt Noten, Selektion und Bildungsverlierer:innen. Flächendeckend gute Ganztagseinrichtungen und umfassende Inklusion von Menschen mit Behinderungen, und vor Ort in Städten und Gemeinden die Gebäude sanieren und durch Neubauten erweitern.

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