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V.2. Energie sozialökologisch umbauen

NRW ist Energieland Nummer 1 in Deutschland: Mit E.ON, RWE und STEAG sind drei der größten Ener-giekonzerne hier ansässig. In unserem Bundesland wird rund ein Drittel des bundesdeutschen Stroms produziert, allerdings nur etwa 16 Prozent davon aus erneuerbaren Quellen. Währenddessen liegt deren Anteil im Bundesdurchschnitt bereits um die 50 Prozent. Nordrhein-Westfalen bleibt beim Thema Ener-giewende Entwicklungsland.

Die schwarz-gelbe Landesregierung hat die Energiewende bislang nur verschlafen und verschleppt. Sie hat im Profitinteresse von RWE immer wieder den Ausstieg aus der Braunkohle verzögert, den Ausbau der Windenergie mit unsinnigen Abstandsregeln ausgebremst und mit Datteln 4 dafür gesorgt, dass noch 2020 ein skandalumwittertes Kohlekraftwerk ans Netz gehen konnte. DIE LINKE NRW will das ändern!

UNSER PROGRAMM FÜR KONSEQUENTEN KLIMASCHUTZ UND KLIMAGERECHTIGKEIT:

  • Wir beschleunigen die Energiewende und steigen so schnell wie möglich vollständig auf Erneuerbare um. Wir wollen den Kohleausstieg bis spätestens 2030.

 

  • Wir wollen die Energiekonzerne entmachten und eine Energiewende in Bürgerhand, in öffentlichem oder genossenschaftlichem Eigentum.

 

  • Für eine klimaneutrale Gesellschaft muss dem Ausstieg aus Atom und Kohle auch ein Ausstieg aus der Verbrennung von fossilem Erdgas folgen. DIE LINKE NRW wird sich deshalb für ein Erdgasausstiegsgesetz mit verbindlichem Ausstiegspfad und sozialer Absicherung betroffener Beschäftigter einsetzen.

 

  • Wir setzen vor allem auf verbindliche Zielvorgaben mit klaren Emissionsgrenzen und Reduktionspfaden für die Erzeuger und nicht auf den Emissionshandel und eine CO₂-Bepreisung. Weiterhin brauchen wir ordnungsrechtliche, ökonomische und aufklärerische klimapolitische Instrumente. Förderprogramme und staatliche Infrastrukturprogramme müssen den Umbau sozial absichern und unterstützen.

 

  • Strom, Gas, Wasser, Heizung dürfen nicht abgestellt werden. Energiesperren, die einkommensarme Haushalte treffen, wollen wir verbieten und ein preisgünstiges Grundkontingent für Strom, Wasser und Heizstoffe einführen.

 

  • NRW darf Klimazerstörung nicht weiter mit Steuergeldern unterstützen. Wir fordern darum Divestment, also den Rückzug des Staates aus Finanzanlagen, Investitionen und Subventionen, die in Vorhaben fließen, die der fossilen und atomaren Energiewirtschaft dienen.

Auch in der Klimakrise sind Konzerne die Krisengewinner. Dieselben Konzerne, die riesige Summen an Steuergeldern für die Abschaltung und den Rückbau der Atomkraftwerke bekommen haben, kassieren nun erneut für das Abschalten von Kohlekraftwerken. Das Gleiche droht beim zukünftigen Wechsel der Energieerzeugung weg vom Erdgas.

V..2.1. Kohleausstieg in NRW – 2038 reicht nicht.

Wir wollen unsere Lebensgrundlagen schützen und das Pariser Klimaabkommen durchsetzen: Das geht nur, wenn die Kohleverstromung bis spätestens 2030 und nicht erst 2038 beendet wird, wie die Große Koalition 2019 im Kohleausstiegsgesetz beschlossen hat. Wir fordern daher die Novellierung des Kohleausstiegsgesetzes auf Bundesebene. Dabei muss der Ausstieg aus der besonders schädlichen Braunkohlewirtschaft vorgezogen werden. Der unverzügliche Ausstieg aus der Braunkohleverstromung muss arbeitsmarkt-, wirtschafts- und sozialpolitisch begleitet werden. Eine Interessenvertretung der Beschäftigten vor Ort und der Region muss jeweils eingebunden und Kündigungen vermieden werden.

Der Neubau von Kohlekraftwerken, der Neuaufschluss und die Erweiterung von Braunkohletagebauen wird verboten. Das 2020 neu in Betrieb genommene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 wird sofort vom Netz genommen.

Für den Braunkohleabbau dürfen keine weiteren Dörfer abgebaggert werden, der Hambacher Forst darf nicht weiter zerstört werden. Die Dörfer Manheim, Berverath, Keyenberg, Kuckum, Lützerath, Oberwestrich, Unterwestrich, Holzweiler, Kaulhausen und Wanlo sind von Zwangsumsiedlung und Zerstörung bedroht.

WIR FORDERN: ALLE DÖRFER BLEIBEN!

  • Die Landesregierung muss dafür sorgen, dass die Betreiber ihren Verpflichtungen aus dem Bergrecht nachkommen: Die Tagebaue Hambach und Garzweiler müssen wieder nutzbar gemacht und Kosten für Bergbaufolgeschäden von den Konzernen übernommen werden.

 

  • Bis der notwendige Ausstieg aus der Kohle erreicht ist, müssen die Folgen des Abbaus von Braunkohle begrenzt werden. DIE LINKE tritt für eine Reform des Bundesberggesetzes ein: Statt der Konzerninteressen müssen Umwelt und die Menschen vor Ort an erster Stelle stehen und und die Betroffenen mitentscheiden können.

 

  • Das Verbot der Errichtung und Inbetriebnahme neuer Stein- und Braunkohleanlagen in Deutschland wird ergänzt durch ein analoges Verbot der Errichtung und Inbetriebnahme neuer Stein- und Braunkohleanlagen im Ausland durch Unternehmen mit Sitz in Deutschland, einschließlich ihrer Tochterunternehmen. Der Export und Verkauf von Steinkohle- und Braunkohleförderanlagen und entsprechender Technologie ins Ausland wird gesetzlich untersagt, diesbezügliche Förderungen und Garantien des Bundes sind unzulässig.

V.2.2. Für einen sozialen Strukturwandel

Der Strukturwandel im Rheinischen Revier darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten in den Revieren und der ortsansässigen Bevölkerung erfolgen. Es braucht in den nächsten Jahren bundesweit 40 Milliarden Euro, um die Übergänge gerecht zu gestalten. DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass Mittel der EU für den Strukturwandel nicht auf diese Summe angerechnet werden und den betroffenen Regionen zusätzlich zur Verfügung stehen. In dem vom Strukturwandel besonders betroffenen Rheinischen Revier wollen wir einen Transformationsrat einrichten, der den sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft fachlich begleitet.

Er soll das Initiativrecht über die Gelder aus dem Transformationsfonds und der regionalen Infrastrukturpolitik haben. Der Rat muss finanziell angemessen ausgestattet sein, um seine Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten. Er setzt sich zusammen aus Vertreter:innen von Wissenschaft, Umwelt- und Verbraucher:innenverbänden, Gewerkschaften sowie zur Hälfte aus direkt gewählten Bürger:innen und Vertreter:innen der Belegschaften. Eine wirksame Beteiligung von Kindern und Jugendlichen insbesondere im ländlichen Raum wollen wir vorantreiben.

Um den Strukturwandel sozial abzusichern, fordern wir weiterhin ein Verbot betriebsbedingter Kündigungen und machen für ältere Beschäftigte ein Angebot von Altersteilzeit und Vorruhestand mit Verdienstausgleich. Die Ewigkeitskosten müssen durch die Energiekonzerne vollständig abgesichert werden.

V.2.3. In erneuerbare Energie investieren, Energiekonzerne entmachten

Die schwarz-gelbe Landesregierung hat den Ausbau erneuerbarer Energien in den letzten Jahren massiv gebremst. Vor allem der Windkraftausbau musste einen großen Einbruch erleben, u. a. aufgrund der 1000 Meter Abstandsregelung bei Windenergieanlagen. Der Ausbau der Photovoltaik stieg auf 471 MW im Jahr 2019. Selbst um das wenig ambitionierte Ausbauziel der Bundesregierung zu erreichen, müsste jährlich mehr als doppelt so viel Leistung an Photovoltaik (1,16 GW) ans Netz gehen. Das Klimagesetz der Landesregierung enthält dabei nur Anregungen, aber keinerlei konkrete Ausbaupfade für erneuerbare Energien.

Die Landesregierung hat die „EnergieAgentur.NRW“ zum vergangenen Jahreswechsel zerschlagen und eine neue Agentur gegründet, die finanziell und personell schlechter ausgestattet ist. Dies zeigt den völlig falschen Fokus der Landesregierung. DIE LINKE setzt sich für die Wiedereinrichtung der Energieagentur als unabhängiges Kompetenzzentrum des Landes NRW für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Klimaschutz ein.

Die Energiewende wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie sozial gerecht und durch die Menschen selbst gestaltet ist. Die Vormachtstellung von Großkonzernen wie RWE und E.ON in der Energieversorgung muss ein Ende haben. Die Firmenpolitik von RWE und deren Duldung durch die vorherigen Landesregierungen hat in den letzten Jahren viel Unheil über unsere hiesige Energiepolitik gebracht. Das Unternehmensziel von RWE, bis 2040 klimaneutral zu werden, ist unzureichend.

Der Ausbau erneuerbarer Energien ist gleichzeitig der Einstieg in eine stärkere Dezentralisierung der Energieversorgung. DIE LINKE steht für die Überführung der Energiewirtschaft in öffentliches Eigentum und sieht die nordrhein-westfälischen Kommunen als zentrale Akteure der Energiepolitik an. Ihre Möglichkeiten, eine aktive Rolle beim Aufbau erneuerbarer Energieerzeugung zu spielen, wollen wir stärken. Privatisierte Stadtwerke müssen wieder in den Besitz der Kommunen überführt werden. DIE LINKE NRW unterstützt die Kampagne „RWE und Co enteignen“ sowohl auf Landesebene als auch vor Ort im gesamten Bundesland. Genossenschaftliche Betriebe im Bereich der erneuerbaren Energien wollen wir fördern und unterstützen. Die Wertschöpfung aus der Windenergie muss den Kommunen und Menschen vor Ort zugutekommen, sie müssen an den Einnahmen aus Windparks beteiligt werden.

Was tun?

  • Strom- und Wärmenetze müssen in die öffentliche Hand überführt und demokratisch kontrolliert werden. Große Energiekonzerne werden vergesellschaftet. Für eine dezentralisierte Energieversorgung benötigen wir einen deutlichen Netzausbau auf Nieder-, Mittel- und Hochspannungsebene. Für das Netz der Zukunft müssen die Netzbetreiber investieren, statt zu sparen. Wir wollen dies und den Einsatz von Speichern für die Energieversorgung fördern.

 

  • DIE LINKE unterstützt eine regional ausgerichtete und in der Bevölkerung verankerte Energiewende, zum Beispiel Energiegenossenschaften und Bioenergiedörfer. In kommunalen Stadtwerken unter direkter demokratischer Mitgestaltung der Bevölkerung können ökologische Energiegewinnung und bezahlbare Energiepreise am besten erreicht werden. Gleichzeitig werden damit Grundlagen zur Förderung regionaler Wirtschaftsstrukturen geschaffen.

 

  • Investoren müssen verpflichtet werden, den Standortgemeinden eine Beteiligung an neuen Windenergieanlagen, Photovoltaik-Kraftwerken und Energiespeichern anzubieten. Die Kommunen werden dadurch Mitbesitzerinnen. Sie müssen so oder durch Betreiberabgaben an Standortkommunen an finanziellen Erträgen der Ökostrombetreiber beteiligt werden.

 

  • Solaroffensive in NRW: Eine dezentrale Energiewende benötigt dezentrale Erzeugungsanlagen. Wir wollen die Neuinstallation von kleinen Photovoltaikanlagen (1 kWp bis 10 kWp) sowie stationärer Batteriespeichersystem (3 kWh bis 10 kWh) an Wohn- und Gewerbebauten sowie Vereinsgebäuden fördern. Bei Wohnbauten sollen die Mieter:innen von den geringeren Energiepreisen profitieren. Außerdem wollen wir Doppelnutzung für bereits versiegelte Flächen, wie zum Beispiel Parkplätze und Autobahnen, und diese mit Photovoltaikanlagen ergänzen. Zuletzt sollen Photovoltaikparks errichtet werden.

 

  • Windenergieausbau statt Abstandsfetischismus: Die eingeführte Abstandsregelung der Landesregierung von 1.000 Metern lehnen wir ab. So wird es im dicht besiedelten NRW nicht gelingen, signifikante Leistung an Windenergie bereitzustellen. Wir unterstützen den Bau von Windenergieanlagen in kommerziell bewirtschafteten Wäldern, die keinem Naturschutz unterliegen. Windkraftgebiete im Landesentwicklungsplan sollen als Vorranggebiete ausgewiesen werden.

 

  • Bis 2030 scheiden ca. 3.000 alte Windenergieanlagen mit einer Leistung von 3 GW aus. Hier muss an den alten Standorten ein Repowering erleichtert werden. Wir setzen uns für flexible Abstandsregeln ein, bei der die dreifache Höhe der Anlage als Abstandsregel zugrunde gelegt wird.

 

  • Um die Energiewende voranzubringen, wollen wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Hauseigentümer:innen, Mieter:innenvereinigungen, Betriebe und Kommunen verbessern, die ihre Energieversorgung in die eigene Hand nehmen wollen. DIE LINKE unterstützt Mieterstromkonzepte einer hauseigenen Stromversorgung durch Photovoltaikanlagen auf dem Dach. Wir wollen eine Solarpflicht für Neubauten sowie für Bestandsbauten nach einer umfassenden Dachsanierung und wenn eine technische Eignung zur Solarstromerzeugung besteht.

 

  • Bioenergie aus eigens hierzu angebauten Energiepflanzen oder neu geschlagenem Holz sollte nicht mehr generell als ökologisch gelten und keine staatliche Förderung als erneuerbare Energie erhalten.

V.2.4. Strompreise stärker kontrollieren, Energie für alle bezahlbar machen

Der Zugang zu Energie ist ein Grundrecht. DIE LINKE will Energiearmut verhindern. Zahlungsschwierigkeiten dürfen nicht dazu führen, dass Menschen im Dunkeln sitzen oder frieren müssen. Um den Strompreis für Endkunden zu senken, benötigen wir eine Förderung erneuerbarer Energien zu wesentlichen Teilen über den Bundeshaushalt statt über die jetzige Ökostromumlage (EEG-Umlage). Diese Entscheidung muss auf Bundesebene getroffen werden. Dennoch sollte das Land NRW mit gutem Beispiel vorangehen und erneuerbare Energien aus seinem Haushalt fördern und sich auf Bundesebene stark machen für einen bezahlbaren Strompreis.

Was tun?

  • Die Kosten der Energiewende müssen sozial gerecht verteilt werden. In den letzten Jahren sind die Energiekosten für private Haushalte erheblich gestiegen. Für den durchschnittlichen Verbrauch von elektrischem Strom, Wasser und Heizenergie wollen wir preisgünstige Sockeltarife schaffen. Was über den durchschnittlichen Verbrauch hinausgeht, wird teurer. Damit werden Anreize zum Stromsparen geschaffen.

 

  • Die Strompreise müssen stärker überwacht und sozial gerechter gestaltet werden. Der zuständigen staatlichen Behörde soll daher ein Beirat zur Seite gestellt werden, in dem Verbraucher:innen, Umwelt- und Sozialverbände sowie Gewerkschaften vertreten sind.

 

  • Flächendeckende kostenlose Energieberatung soll für alle Privathaushalte angeboten werden. Für Haushalte mit niedrigen Einkommen sind ausreichende Hilfen für die Anschaffung energiesparender Haushaltsgeräte und Heizungen erforderlich.

V.2.5. Ausstieg aus der Atomenergie vollenden

Auch wenn die Atomkraftwerke Würgassen und Hamm-Uentrop schon längst abgeschaltet wurden – NRW ist nach wie vor Atomland. Mit dem Brennelemente-Zwischenlager Ahaus, der Urananreicherungsanlage Gronau und der GNS Atommüll-Konditionierungsanlage in Duisburg-Wanheim sind wichtige Betriebe der Atomwirtschaft in NRW beheimatet. Und der Versuchsreaktor Jülich wird uns als strahlende Altlast noch lange gefährden.

In Gronau wird in der bundesweit einzigen Urananreicherungsanlage Uranhexafluorid zur Verwendung in Atomkraftwerken angereichert. Die Anlage wird von der Urenco Deutschland GmbH betrieben. Sie ist seit 1985 in Betrieb, im Jahr 2005 genehmigte die nordrhein-westfälische Landesregierung den Ausbau auf die mehr als doppelte Kapazität. Seit Jahren sorgt die UAA durch Störfälle für Aufsehen.

1992 ging das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus in Betrieb. Zurzeit lagern dort 323 Castor-Behälter, u. a. aus dem stillgelegten AKW in Hamm-Uentrop. Die Anwohnerschaft und Umweltaktive protestieren seit 30 Jahren gegen das Zwischenlager.

Das AKW Würgassen in Beverungen (Kreis Höxter) war ein Siedewasserreaktor. Nachdem 1993 Haar­risse in einem Stahlzylinder am Reaktorkern festgestellt wurden, wurde es 1997 stillgelegt. Bis 2014 wurde es rückgebaut. Es fielen etwa 5.000 Tonnen radioaktiver Abfall an. Ein Abriss der verbliebenen Gebäude ist noch nicht möglich, weil sich auf dem Gelände ein Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktiven Abfall befindet. Die Bundesbehörden wollen dieses ausbauen. Nach ihren Plänen sollen dort zukünftig 90 Prozent der schwach- und mittelradioaktiven Abfälle aus ganz Deutschland zwischengelagert werden. Vor Ort gibt es erheblichen Widerstand gegen diese Pläne.

1983 startete der Probebetrieb des Thorium-Hochtemperaturreaktors in Hamm-Uentrop. Fünf Jahre später wurde er wegen zahlreicher Pannen abgeschaltet und 1989 stillgelegt. Der Kühlturm wurde abgerissen, die Brennelemente ins Zwischenlager Ahaus transportiert. Der Reaktor selbst kann erst abgerissen werden, wenn die Radioaktivität abgeklungen ist, frühestens in 20 Jahren.

Im Forschungszentrum Jülich stehen drei stillgelegte Forschungsreaktoren. Einer davon hat sich als besonders brisant und gefährlich erwiesen. Im „bestimmungsgemäßen Betrieb“ traten starke radioaktive Kontaminationen auf.

Aus der 1974 gegründeten Gesellschaft für Nukleartransporte wurde 1977 die Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS). Zu den Aufgabenfeldern des Unternehmens gehören Abfall-Service-Leistungen für Atomkraftwerke, Wartung, Reparatur und Stilllegung kerntechnischer Anlagen, Brennstoffentsorgung sowie der Betrieb von Zwischenlagern für radioaktive Abfälle. Die GNS betreibt eine Konditionierungsanlage. Dort werden radioaktiv kontaminierte Stoffe gereinigt und für Zwischenlager aufbereitet.

In Grenznähe gelegen stellen folgende Atomkraftwerke eine erhebliche Gefahr für die Menschen in NRW dar: Tihange (bei Lüttich) in Belgien, 60 km von NRW entfernt, Cattenom (südlich von Luxemburg) in Frankreich, 100 km von NRW entfernt, Chooz (südlich von Namür) in Frankreich, 110 km von NRW entfernt, Doel (bei Antwerpen) in Belgien, 120 km von NRW entfernt, Borssele (auf der Halbinsel Walcheren) in den Niederlanden, 160 km von NRW entfernt.

Zwischenzeitlich hat die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll begonnen. In NRW werden u. a. folgende Landschaften in diese Suche einbezogen: Das Steinsalz-Gebiet im westlichen Niedersächsischen Becken: überwiegend im Osten Niedersachsens, aber auch in NRW; das Steinsalz-Gebiet im Niederrhein-Ems-Gebiet: bei Bocholt und Borken an der niederländischen Grenze; das Steinsalz-Gebiet im Solling-Becken: bei Borken und Höxter; das Tonstein-Gebiet im Münsterland; das Tonstein-Gebiet „zwischen Westen und Osten“, umfasst auch Bereiche in NRW. Steinsalz erfüllt viele Kriterien, die ein Endlager haben muss. Es hat aber den Nachteil, dass es wasserlöslich ist. Das könnte für ein Endlager problematisch sein, denn schließlich soll es den Atommüll eine Million Jahre sicher lagern. Tongestein hingegen ist zähflüssig. Das hat den Vorteil, dass es sich selbst wieder abdichtet und auch Erdbeben aushält. Der Nachteil: Ein Endlager-Stollen im Tongestein hält nicht von selbst. Man benötigt also eine Konstruktion – für eine Million Jahre.

Was tun?

  • Bemühungen der Landesregierung zur Abschaltung grenznaher AKW in Belgien, den Niederlanden und Frankreich

 

  • Stopp aller Atommüllexporte

 

  • Transporte radioaktiver Fracht der Atomindustrie landesweit verbieten

 

  • Bestmöglich gesichertes neues Zwischenlager in Jülich für die dort entstandenen Abfälle errichten

 

  • Schließung der Urananreicherungsanlage in Gronau; sofort die Lieferung von angereichertem Uran aus Gronau einstellen

 

  • Kein Ausbau des Zwischenlagers Würgassen

 

  • Kein Endlager für stark radioaktiven Atommüll in einem Steinsalz-Gebiet in NRW

 

  • Aufklärung und Schutz der Bevölkerung in ganz NRW vorantreiben

V.2.6. Für Energieeinsparungen

Am preiswertesten und umweltfreundlichsten ist immer noch die Kilowattstunde, die nicht bereitgestellt werden muss. Dazu sind staatliche Fördermaßnahmen, aber auch gesetzliche Vorgaben für Einsparungen und die Senkung des Materialaufwands sowie die Erhöhung der Lebensdauer von Produkten notwendig.

Die Sanierungsquote des Landes NRW muss deutlich erhöht werden. Steuerliche Erleichterungen werden hier nicht genügen. Nach der energetischen Sanierung darf die Mieterhöhung nicht höher sein, als die Mieter:innen an Heizkosten sparen. Außerdem sind schwer entflammbare Dämmstoffe zu verwenden.

Was tun?

  • Das Land soll die Kommunen bei der Umstellung ihrer Straßenbeleuchtung auf energiesparende Technik durch ein Förderprogramm finanziell unterstützen.

 

  • DIE LINKE NRW fordert ein Landesprogramm für die energetische Sanierung des öffentlichen kommunalen Gebäudebestandes.

 

  • DIE LINKE NRW wird sich auf europäischer Ebene für die Einführung rechtlicher Vorgaben für langlebige und nachhaltig produzierte Güter einsetzen.

 

  • Auf Bundesebene wird DIE LINKE NRW für die Einführung standardisierter Verpackungen und eines Pfandsystems für Lebensmittel, zumindest aber für Getränke, einsetzen.

V.2.7. Grüner Wasserstoff in der Energiewende – Speichertechnologie vorantreiben

Der Ausbau effektiver Stromspeicher-Systeme ist ein wesentliches Element der Energiewende. Die Dekarbonisierung der Industrie – insbesondere in den Bereichen Stahl, Chemie und Zement – ist unaufschiebbar, um dem Klimawandel aufzuhalten. Grüner Wasserstoff ist dabei ein vielversprechender technologischer Weg.

Die „Wasserstoff Roadmap“ des Landes NRW zeigt jedoch einen völlig falschen Ansatz bei der Energiewende. Statt den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben, möchte die schwarz-gelbe Landesregierung Wasserstoff aus Staaten importieren, die selbst noch eine geringe Quote an Stromerzeugung durch erneuerbare Energien haben. So sollen die Staaten des globalen Südens auch hier ausgebeutet werden, um mit riesigen Frachtern Energie nach NRW zu bringen, statt eine dezentrale Energiewende voranzutreiben. Außerdem wird der Ausbau von Wasserstoffnetzen geplant, die so nicht benötigt werden. Stattdessen soll mithilfe von Wasserstoff, Kohle und Erdgas lediglich dort ersetzt werden, wo der direkte Einsatz von Ökostrom nicht möglich ist. In einem ersten Schritt wäre sein Einsatz dort sinnvoll, wo er in industriellen Fertigungsprozessen benötigt wird. In einem zweiten Schritt, sollte er bei dem klimagerechten Umbau der Industrie, z. B. in den Bereichen Stahl, Chemie und Zement Verwendung finden. Strategien, künftig auch Autos und Gebäudeheizungen mit Wasserstoff zu betreiben, sind weder sozial noch ökologisch: Seine Herstellung verbraucht zu viel Energie. Stattdessen soll mithilfe von Wasserstoff Kohle und Erdgas lediglich dort ersetzt werden, wo der direkte Einsatz von Ökostrom nicht möglich ist, da der Wirkungsgrad bei Wasserstoff deutlich geringer ist.

Was tun?

  • DIE LINKE fordert, Wasserstoff und dessen Folgeprodukte künftig nur auf Basis von Ökostrom zu gewinnen und ausschließlich dort einzusetzen, wo keine effizienteren Alternativen dazu vorhanden sind, so etwa bei der Dekarbonisierung der Stahlindustrie, von Teilen der Chemiewirtschaft sowie für Luft- und Seefahrt.

 

  • Öffentliche Förderung von Elektrolyseanlagen setzt auch eine zumindest anteilige öffentliche Beteiligung voraus.

 

  • Unterstützung der Industrie bei Investitionen in klimafreundliche Anlagen der Stahl-, Chemie- und Zement­industrie durch innovative Förderkonzepte   

 

  • In Bereichen, in denen auch unabhängig vom Stromnetz Energie vorhanden sein muss, wie Rettungsdienst und Katastrophenschutz, ist ein Einsatz von Wasserstoff sinnvoll.

 

  • Zielgenaue Förderprogramme im Bereich der Forschung und Entwicklung im Wasserstoffbereich

 

  • Den Import und die Förderung von Wasserstoff aus Atomkraft oder fossilen Quellen lehnen wir ab.

V.2.8. Pumpspeicherkraftwerke statt Tagebau

Aus Gründen der Energiewende müssen die Braunkohletagebaue im rheinischen Revier in den nächsten Jahren stillgelegt werden. Bei Tagebauen bleiben in der Regel Restseen, sobald die Pumpen abgestellt werden. Da wir dringend weitere Speicherkapazitäten für erneuerbare Energien brauchen, sollen dort Pumpspeicherkraftwerke errichtet werden. Ein Pumpspeicherkraftwerk funktioniert, indem 2 Seen übereinander angeordnet werden und durch Rohrleitungen miteinander verbunden werden. Der untere See ist durch den Tagebau schon vorhanden. Der obere See lässt sich durch den Bau eines Speicherdammes aus dem angefallenen Abraum errichten. Bei Stromüberschuss im Netz wird Wasser aus dem unteren See in den oberen See gepumpt. Bei Strombedarf lässt man das Wasser durch eine Turbine vom oberen See in den unteren See zurücklaufen.

Die Technik ist bewährt und preisgünstiger als beispielsweise Batteriespeicher. Obendrein ist ihr Wirkungsgrad deutlich höher als der bei der Erzeugung von grünem Wasserstoff. Pro kWh gespeicherter und nutzbarer Energie braucht man also weniger erneuerbar erzeugte Energie. Neben den ökologischen Vorteilen können auf diese Weise auch die im Braunkohlerevier wichtigen industriellen Arbeitsplätze teilweise erhalten werden.

V.2.9. Nein zu Fracking in Nordrhein-Westfalen

Die Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten ist mit erheblichen Umweltauswirkungen und Umweltrisiken verbunden. Sie resultieren hauptsächlich aus dem Gefährdungspotenzial der eingesetzten Frack-Fluide, der Formationswässer und des Flowback (Rückfluss von Frack-Fluid aus dem Bohrloch) in Kombination mit möglichen Wegsamkeiten (sogenannte „hydraulische Kurzschlüsse“), über die eine Verbindung zu Schichten mit genutztem und nutzbarem Grundwasser geschaffen werden könnte. Gutachter haben festgestellt, dass auch für weiterentwickelte Frack-Fluide immer noch von einem hohen Gefährdungspotenzial ausgegangen werden muss. 260 bekannte Chemikalien, die eingesetzt werden und Kontakt mit Trinkwasser führenden Schichten haben, sind z. T. krebserregend, hormonverändernd und stark wassergefährdend. Hinzu kommt, dass klimapolitisch eine weitere Nutzung fossiler Energieträger unverantwortlich ist.

Würde Fracking im Schiefergestein erlaubt – und das könnte zukünftig wieder möglich werden –, wäre Nordrhein-Westfalen extrem betroffen: von den nördlichen Bezirken der Städteregion Aachen bis zum Niederrhein und dann ostwärts über das Münsterland bis nach Ostwestfalen.

Was tun?

  • Alle risikoreichen Fördermethoden (Fracking, „Tektomechanik“) per Landesentwicklungsplan ausschließen! Keine Erdgasförderung auf Kosten von Trinkwasser und Umwelt!

 

  • Aufsuchungserlaubnisse nicht erteilen, sondern versagen!

 

  • Den Import von Frackinggas verbieten

  • Energiewende einleiten: Erdgas einsparen und durch erneuerbare Energien ersetzen!

 

  • Bergrecht reformieren: Vorrang für Mensch, Umwelt und demokratische Mitsprache

 

  • Wirksamer Wasser- und Umweltschutz im Bergbau

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